Mittagspause in einem Berliner Hipster-Café… und natürlich wird hier das Einwegplastikverbot befolgt, das in der EU seit 1. Juli 2021 gilt. In meinem „Green Detox“-Saft steckt ein Papptrinkhalm.
Ich schaue mir das gute Stück etwas genauer an:
Zwei Schichten Papier, irgendwie miteinander verklebt. Das bedeutet: aufwändige Produktion – damit ist das auf jeden Fall schon mal schlecht für den CO2-Abdruck. Der Trinkhalm ist außerdem sehr dick. Ziemlich viel Material – ein Plastikstrohhalm wäre leichter gewesen und damit beim Transport schon mal klimafreundlicher. Recyceln kann man diesen Trinkhalm auch nicht: Schon nach 10 Minuten im Glas ist das Material so aufgeweicht, das es sich mit Saft vollsaugt. Reinigung? Technisch unmöglich!
Papier besser als Plastik? Nein!
Das Beispiel passt gut zu dem Film, den ich gerade für SWR betrifft schneide, über das Geschäft mit der Nachhaltigkeit. An vielen Stellen wird gerade Einwegplastik durch Papier ersetzt. Im Supermarkt, zum Beispiel, gibt es jetzt zum Fertigsalat aus der Kühltruhe Einwegbesteck aus Holz. Grober Unfug, findet Thomas Müller, Leiter Kreislaufwirtschaft der Deutschen Umwelthilfe:
„Das hat nichts mit Umweltschutz zu tun, überhaupt nichts und das macht nichts besser. Weil an dieser Stelle wird Einweg durch Einweg ersetzt. Das wächst so nicht an den Bäumen, das muss hergestellt werden. Und das ist selbstverständlich nicht klimaneutral.“
Im Grunde ist es ganz einfach: Einwegartikel aus Plastik durch andere Einwegartikel aus Holz oder Papier zu ersetzen, ist klassisches Greenwashing. Das befeuert – im wahrsten Sinne des Wortes – Brandrodungen unserer letzten Urwälder und ist das Gegenteil von nachhaltigem Verhalten. Die Verpackungsfachfrau Carolina Schweig wundert sich immer wieder darüber, dass Papier ein so positives Image bei der Kundschaft hat:
„Papier prinzipiell ist erst mal genauso ein Chemieprodukt wie Kunststoff. Wenn wir den Wasserverbrauch, die Klimagase, die damit verursacht werden, betrachten und den Ressourceneinsatz, ist das oft noch ungünstiger als Plastik.“
Alles, ausnahmslos, was wir nach einmaliger Benutzung entsorgen, ist schlecht für unsere Umweltbilanz.
Eine Papiertüte, zum Beispiel, muss mindestens fünf mal weiterbenutzt werden, bevor ihre Ökobilanz besser ist, als die der – auch schlechten – Plastiktüte; deshalb ist sie kein guter Müllsack für Altpapier.
Bei meinem Saft war ich zu langsam, der steckte schon im Glas, als ich darauf aufmerksam wurde. Aber ich nehme mir vor, künftig immer gleich bei der Bestellung von Getränken dauzusagen, dass ich ohne Trinkhalm glücklicher bin.