Eigentlich dachte ich, mich kann in Sachen Greenwashing nichts mehr überraschen. Doch dann bin ich auf eine Studie zum Thema Alufolie gegen Brotbox gestoßen, die ein besonders dreistes Beispiel für Greenwashing ist
In meinem Film Das Geschäft mit der Nachhaltigkeit ging es unter anderem um das Phänomen, dass Firmen und Branchenverbände sich mit windigen Studien ein grünes Image geben wollen. Und leider haben sie damit oft Erfolg.
Ganz konkret hatte ich mir dafür eine Studie angeschaut, die angeblich nachwies, dass bei Milch der Verbundkarton die bessere Ökobilanz hätte, als die Pfandflasche. Erstellt hatte diese Studie das IFEU-Institut, das eigentlich einen guten Ruf genießt und dessen Expertise von meinen Kolleg:innen gerne herangezogen wird, wenn es um Nachhaltigkeit geht. Doch diese Studie arbeitete mit Zahlen der Hersteller, die schlicht falsch waren – in Wahrheit ist die Pfandflasche natürlich die viel nachhaltigere Variante. Etliche Medien haben das nachrecherchiert und angeprangert. Doch weil das Netz ja nichts vergisst, passiert es immer noch regelmäßig, dass diese Studie als Beleg für Öko-Mythen herangezogen wird. Und weil die überraschende Meldung: „der Verbundkarton ist gar nicht böse“ viel schlagzeilenträchtiger ist, als das vorhersehbare „ja, in der Tat ist die Pfandflasche besser“, haben die Grünwäscher ein leichtes Spiel
Das Märchen von der Öko-Alufolie
Wegen der Schummelstudie mit den Tetrapaks war ich schon gewarnt, als ich zufällig auf eine weitere IFEU-Studie aufmerksam wurde. Die wollte nachweisen, dass Alufolie für ein Pausenbrot die ökologisch sinnvollere Verpackung sei, als eine wiederverwendbare Brotbox aus Kunststoff. Auch das klingt nach einer sexy Meldung über einen weiteren Öko-Mythos, und ich kann jeden verstehen, der dieser Meldung auf den Leim geht. Das Papier listet zahlreiche Aspekte zum Thema Nachhaltigkeit auf, und die Brotbox in der Spülmaschine, sogar vollgeladen und mit Eco-Programm, verliert fast immer.
Das ist nun wirklich überraschend! Alufolie war für mich der Inbegriff der Ökosünde. Ein wertvoller Rohstoff, produziert mit erheblicher Umweltbelastung, und dann ab in den Müll… und dabei gleichzeitig so praktisch… wie schön wäre es, wenn wir da künftig bedenkenlos zugreifen dürften…
Auch hier lohnt es sich, die Parameter genauer anzuschauen, und es zeigt sich wieder mal, dass schon das Drehen an kleinen Stellschrauben genügt, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Zum einen wird davon ausgegangen, dass die Brotbox in der Geschirrspülmaschine für fünf Prozent der Emissionen bei einem Spüldurchgang verantwortlich sei. Ein hübsches Foto davon, wie Brotboxen die Spülmaschine füllen, wird gleich mitgeliefert. Nun spüle ich eigentlich nie 20 Brotboxen ab, sondern eher eine und sonst noch ganz viel anderes Geschirr, in aller Regel mehr als 20 Teile, und weder bei der Anzahl noch beim Gewicht würde ich für die Brotbox dabei auf 5 Prozent kommen, eher deutlich weniger.
Wie man Studien türkt
Auch bei der Alufolie wurde geschickt getrickst: Genau 20 Zentimeter dürfte man von einer handelsüblichen Rolle abreißen. Die Forscher gehen dabei von einer Stärke von 12 μm aus. Beim groben googeln bin ich fast durchgängig auf Alufolie gestoßen, die dicker ist. Allein damit wäre der kleine Vorteil, den die Alufolie in der Studie gegenüber der wiederverwendbaren Box hat, schon pulverisiert…
Wenig überraschend ist der Auftraggeber dieser Studien der Verband der Hersteller von Alufolien… und der dürfte auch die Vorgaben gemacht haben, mit welchen Zahlen gerechnet werden soll.
Was mich daran so ärgert: Geschickt nutzen Interessensgruppen die Mechanismen unserer Medienlandschaft, wo überraschende Meldungen „gegen den Strich“ immer besser ziehen, als die Bestätigung richtiger, aber langweiliger Fakten. Und immer wieder haben sie damit Erfolg. Da hilft nur eines: wachsam bleiben. Was wie ein Elefant aussieht und wie ein Elefant trompetet, ist meist auch einer. Und es bleibt dabei: Müll ist schlecht. Mehrweg ist gut. Nicht aufregend, aber wahr.