Ich denke manchmal schneller, als ich lesen kann. „227,5 Kilogramm Verpackungsmüll pro Kopf in einem Jahr, ein Kilo mehr als im Vorjahr“, lese ich bei Spiegel Online auf meinem Handy, denke „klar, Corona, Hygiene“ und will schon weiterwischen, und stolpere über die Jahreszahl: 2018.

Die Zahlen des Umweltbundesamtes beziehen sich auf 2018, aktuellere Daten gibt es noch nicht. Wahrscheinlich also liegen wir dank des Essen-to-go-Booms mittlerweile weitaus höher. 2010 waren es 20 Prozent weniger, gerade in den letzten Jahren haben wir da also offenkundig nochmal richtig nachgelegt. Dabei ist unser Verpackungsmüll gleich zweimal umweltschädlich: bei der Herstellung der Verpackungen, und dann beim Transport.

Das ist kein neues Problem, aber eines, wo wir zur Abwechslung als Kundschaft mal wirklich selbst aktiv werden können, ohne große Mühe, und ohne das frustrierende Dauererlebnis, dass unsere Politik lobby-getriebene Entscheidungen trifft, gegen die wir wenig unternehmen können (siehe Blogartikel der letzten Woche.

Wo steckt mein Müllproblem?

Manchmal lohnt es sich ja, Zahlen ganz konkret runterzubrechen: 2018 hat ein durchschnittlicher deutscher Endverbraucher 107,7 Kilo Verpackungen verbraucht, das sind knapp 300 Gramm PRO TAG. Ich beschließe, mit meinem persönlichen Konsumverhalten, das in Folge des Konsumkompass natürlich schon deutlich abfallbewusster geworden ist, mal durchzukalkulieren, wo dieser Verpackungsmüll anfällt und hebe zwei Tage lang alles auf, was ich an Verpackungen ansammle.

Das Ergebnis hat mich dann doch irritiert: harmloser Alltagskram, gar nicht besonders viel, und doch bin ich in zwei Tagen, trotz vermeintlich achtsamem Einkaufens, auch schon bei 205 Gramm. Und natürlich gibt es für jedes einzelne Stück irgendwie einen guten Grund.

Das wäre anders gegangen, Schande über mich: die Muskattrauben haben mich so angelacht, aber ich hatte keinen meiner wiederverwendbaren Beutel dabei

Trockenfrüchte, für einen Bulgursalat – da hätte ich echt nicht gewusst, wo ich die unverpackt besorgen sollte

Klar – Dosentomaten lassen sich theoretisch durch frische ersetzen. Aber ob deren Ökobilanz im November wirklich besser ist? Gewächshausware, beheizt, dann noch aufkochen, zum häuten… weniger aromatisch sind sie zudem 🙁

Das war die Butterbreze beim Dreh – die hätte ich mir allerdings wirklich auf die Hand geben lassen können

Büffelmozzarella unverpackt, das ist dann schon wieder eher die Rubrik Herausforderungen

Klarer Fall: eine Pfandflasche wäre ökologisch sinnvoller. Aber ich trinke so wenig Milch, und H-Milch gibts nur im Verbundkarton. Verdorbene Milch wegschütten ist in dem Fall klar die noch größere Öko-Sünde

Immerhin war der Dill im Topf, das ist dann schon wieder nachhaltiger, als der Bund. Andererseits gäbe es den ohne Plastik. In dem Fall gab es aber keine Bundware, und ohne wäre das Rezept doof gewesen

Was für eine schlimme Ökosünde die Kekse sind, wurde mir erst beim Auspacken klar: jeder Keks einzeln verpackt. Kaufe ich nicht mehr! Versprochen!

Der Hemdchenbeutel stammt vom gleichen Einkauf, wie die Traubentüte. Überflüssig, schlechte Planung. Erwischt!

Gummifrösche unverpackt? Gibts nicht. Und die waren aus therapeutischen Gründen unbedingt notwendig, zur Abwendung einer akuten Novemberdepression

Auch aus dem Obstladen – darin war eine überreife Ananashälfte verpackt, die mir der Obsthändler geschenkt hat. Klassischer Fall von Essensrettung, also, und damit lässliche Sünde

Einwegpfand – nicht gut. Beim Dreh beim Bäcker gab es keine Mehrwegflasche. Aber klar: ich hätte einfach eine Wasserflasche von Zu Hause mitnehmen können. Die Ausrede hier: Abfahrt 6:30, und ich kann morgens echt nicht so schnell denken…

Ich muss ehrlich zugeben, ich war etwas geschockt: weitgehend ökobewusst eingekauft, und trotzdem bin ich bei einem Drittel des täglichen Durchschnitts, und Dinge wie Waschmittelverpackungen oder die Verpackung von Kosmetik aller Art müsste ich da ja anteilig noch draufrechnen

Verpackung sparen – aber wie?

Nun bin ich neugierig geworden. Wieviel, zum Beispiel, lässt sich beispielsweise bei Waschmittel einsparen? Ich wiege drei Varianten: eine Flasche mit Flüssigwaschmittel, eine Nachfülltüte und den Pappumschlag eines festen Waschmittelkonzentrats, das damit wirbt, besonders nachhaltig zu sein, wegen seines extrem geringen Transportgewichts.

Die Flasche wiegt 115 Gramm und enthält Flüssigwaschmittel für 16 Wäschen. Die Nachfülltüte hingegen schafft 18 Wäschen, bei nur 57g Verpackungsgewicht. die Waschmittelstrips sind da klarer Sieger: in 26g Karton stecken 30 Wäschen.

Jetzt ist allerdings Pappe grundsätzlich auch kein unproblematischer Werkstoff: Papiertüten liegen erst nach fünf Einsätzen in ihrer Ökobilanz vor Einweg-Plastiktüten. Andererseits sind Papiertüten in aller Regel schwerer als ihre Plastikgeschwister, weil sie ja einiges aushalten müssen. Mein Pappkuvert hingegen wiegt umgelegt auf die Waschkraft nur rund ein Viertel. Und Papier und Pappe werden bei uns viel zuverlässiger recycelt als Plastik, das zwar theoretisch wiederverwertet werden könnte, Wobei übrigens die große Frage ist, ob das das Schlechteste ist: Denn die Wege unseres Plastikmülls sind extrem intransparent. Sybille Stöhr von den Grünen bemängelte neulich im Bayerischen Landtag, dass nur 18 Prozent des Plastikmülls, den wir so brav in gelbe Säcke und Wertstofftonnen stopfen, tatsächlich recycelt wird. Sogesehen ist daheim verbrennen immer noch besser, als in Übersee ins Meer verklappen….

Es gibt ein paar Regeln, mit denen wir aus der Müllfalle rauskommen:

  • Immer, wirklich immer, eine kleine Einkaufstüte im Gepäck haben
  • Obst und Gemüse wo immer möglich unverpackt kaufen
  • Mehrweg ist immer besser. Wirklich!
  • Verpackungen kaufen, die nur aus einem Material bestehen oder sich (Joghurtbecher) getrennt recyceln lassen
  • Konzentrate kaufen. Und möglichst viel fest und unverpackt, zum Beispiel Seife statt Duschgel
  • Fertiggerichte meiden
  • wiederverschließbare Verpackungen sind praktisch aber fast immer mit höherem Verpackungsaufwand verbunden

An dieser Stelle noch etwas Werbung in eigener Sache: viel mehr zu diesem Thema gibt es in meinem Buch „Der Konsumkompass„, nur einen Klick entfernt 🙂 Und ich freue mich über Eure Anregungen, wie Ihr in Eurem Alltag Müll vermeidet!