Nachhaltiges Verhalten liegt im Trend. Und nicht selten spart ein nachhaltigerer Umgang mit Ressourcen sogar Geld. Empfindlich reagiere ich allerdings, wenn ich das Gefühl habe, dass ich mit meinem klimaschonenden Verhalten vor allem das Geld anderer Leute sparen soll…
Schon seit Jahren findet sich in vielen Hotelbädern ein Schild mit einem Appell: Wissen Sie eigentlich, wieviele Handtücher weltweit in Hotetls täglich gewaschen werden? Ahnen Sie, was das für die Umwelt bedeutet? Bitte helfen Sie uns, diese Verschwendung zu vermeiden und benutzen Sie Ihre Handtücher mehrmals. Mal abgesehen davon, dass ich regelmäßig meine Handtücher feinsäuberlich wieder aufhänge und trotzdem frische Wäsche bekomme: Ich habe mich schon oft gefragt, wie groß eigentlich wirklich der Nutzen dieser Maßnahme ist.
Nicht waschen fürs Klima?
Die Ökobilanz einer Hotel-Handtuchwäsche zu ermitteln, ist gar nicht so einfach – offizielle Zahlen dazu habe ich nicht gefunden. Also versuche ich, selbst zu rechnen. Mein kleines und großes Handtuch zu Hause wiegen zusammen ein Kilo – damit würden sieben Handtuchsätze in eine haushaltsübliche Waschmaschine passen. Deren CO2-Bilanz bei 60 Grad liegt laut Carbon-Footprint-Project bei 750 Gramm CO2-Äquivalent. Die Handtücher im Hotel, die ich nicht waschen lasse, sparen demnach etwas mehr CO2-Emissionen ein, als ein Neuwagen laut den Vorgaben der EU-Kommission seit 2020 pro gefahrenem Kilometer austoßen darf – das wären 95 Gramm. Wenn ich also meine Handtücher weiterbenutze, spare ich etwa das ein, was ich mit einem modernen Auto auf einem Kilometer verbrate. Das klingt für mich jetzt nicht nach so viel Sparpotential.
Andererseits: Das ist eines der Beispiele, wo ich etwas Sinnvolles tun kann, ohne dass es meinen Komfort sonderlich beeinträchtigt. Zuhause benutze ich meine Handtücher ja auch mehrmals. Und empfinde es nicht als fürchterliche Einschränkung, ein Duschtuch nach der Benutzung einfach wieder aufzuhängen.
Ökotrick oder Greenwashing?
Neuerdings wünschen sich Hoteliers von mir allerdings noch etwas mehr… Auf Dienstreisen begegnet mir immer öfter diese Bitte: Verzichten Sie doch einfach darauf, Ihr Zimmer putzen zu lassen, dem Klima zuliebe.
Im Prinzip mache ich auch das gerne – ich putze auch zu Hause nicht täglich, mein Bett kann ich in Sekunden selbst machen, alles kein Problem. Lieber wäre mir allerdings, wenn die Hotelbetreiber ehrlich zugeben würden, worum es hier tatsächlich geht: Der Umweltnutzen dieser Sparmaßnahme ist überschaubar – im Zweifel würde hier der Einsatz umweltschonenderer Putzmittel bei der Reinigungsfirma mehr bringen, als der gelegentliche Verzicht auf ihren Einsatz. Groß ist der Nutzen hier indes fürs Hotel. Die Reinigung ist in den Hotelpreis einkalkuliert und dürfte irgendwas zwischen 3 und 10 Euro kosten. In Zeiten, wo es schwer ist, Personal zu finden, hilft jedes nicht geputzte Zimmer…
Wie gesagt: Ich tue gerne etwas für die Umwelt. Nachhaltigkeit im Alltag ist mir wichtig. Aber ich fühle mich etwas an der Nase herumgeführt, wenn man an mein Ökobewusstsein appelliert, um seine Personalkosten zu drücken.
Gut für die Bienen
Besser gefällt mir da dieser Ansatz: In den Hotels der Arcotel-Gruppe gibt es ebenfalls die „Nicht putzen und Gutes tun“-Politik. Allerdings mit dem flankiernden Hinweis, dass die Hotelkette für jedes nicht geputzte Zimmer Geld an ein Bienenschutz-Projekt spendet. Mich hat interessiert, wie groß dieser Beitrag ist und ob er tatsächlich in einer angemessenen Relation zum Putzpreis steht. Nach Aussage der Pressestelle spendet der Konzern pro Zimmer 3,50 Euro. Kann gut sein, dass auch die Bilanz des Unternehmens ein bisschen mitprofitiert. Aber immerhin kamen so von 2017 bis zur Corona-Krise jedes Jahr über 100000 Euro zusammen.
Ich finde das eine richtig gute Idee, die man unbedingt belohnen sollte – mit Buchungen und nicht geputzten Zimmern. Und lebe dafür gerne zwei Tage mit einem nicht geleerten Paperkorb und einer ungeputzten Dusche – so wie eben zu Hause auch… Und würde mir wünschen, dass noch mehr Hotelketten nicht einfach nur mit dem Umweltbewusstsein ihrer Gäste Geld sparen, sondern gemeinsam mit mir etwas Sinnvolles tun.