Meine Reportage über die Schattenseiten der Kalbfleischproduktion ist im Herbst der Corona-Aktualität zum Opfer gefallen. Heute Abend wird sie endlich gesendet: um 22:45 im ZDF. Und hier gibt es eine Art Fortsetzung…
… gewissermaßen aus der Reihe „Geschichten, die das Leben schreibt“.
Mein Film endet damit, dass das Kälbchen König Laurin zum Mäster gebracht wird – vor ihm sollten eigentlich zwei glückliche Jahre auf einer Weide liegen, im schönen Voralpenland. Die ersten Wochen noch mit einer so genannten Ammenkuh, die ihn und zwei weitere Kälber so lange säugen würde, bis sie keine Milch mehr brauchen. So weit die Theorie.
Zwei Wochen später besuche ich wieder den Hairerhof – die Biokalb-Initiative Oberland macht dort regelmäßig Hofvermarktungen – übrigens eine tolle Quelle für besonders artgerecht erzeugtes Fleisch! Und wer steht da im Stall? König Laurin… Ich staune. Und erfahre, dass er die Ammenkuh verweigert hat. Also kam er nach zwei Tagen vergeblicher Versuche zurück auf den Hof, wo er geboren wurde. Und macht einen sehr zufriedenen Eindruck…
Allerdings schafft das ziemliche Probleme: Ein paar Wochen kann der Kleine noch bei seiner Mutterkuh bleiben. Doch dann müsste er auf die Weide, Gras fressen, herumtoben, und das nicht alleine… Kühe sind Herdentiere. Kälber brauchen eine Gruppe gleichaltriger Tiere, um artgerecht aufzuwachsen. Alle anderen Kälber auf dem Hof sind entweder zu alt oder zu jung, um das Stierkalb in die Gruppe zu integrieren. Damit ist König Laurins Schicksal besiegelt. Und so machen sich die Bauern Marina und Albrecht Stürzer auf die Suche nach einer Verwendung.
Sie finden schließlich einen Metzger, der auf der Suche nach Milchkalbfleisch ist. So jung haben die beiden noch nie eines ihrer Kälber schlachten lassen, und sie fühlen sich nicht ganz wohl damit. Aber eine andere Möglichkeit haben sie nicht. Eine komplett mutterkuhgebundene Haltung ihrer Tiere, wo die Kälber mit ihren Müttern gemeinsam weiden, dafür müssten sie ihren Stall komplett umbauen. Und deutlich mehr Geld für ihre Milch bekommen. Albert Stürzer bringt König Laurin schließlich persönlich zur Schlachtung und ist bis zuletzt bei ihm. Immerhin ein schmerz- und angstfreies Ende – so gut haben es nur wenige Kälber, deren Schnitzel auf unseren Tellern landen.
Mich macht das traurig. Ich war schon auf vielen Höfen, und der Hairerhof kommt meinem Ideal von guter Tierhaltung und Milcherzeugung sehr nahe. Wie schön wäre es, wenn das Produkt Milch uns so viel wert wäre, dass wir noch einen Schritt weiter zurück zum Normalen kommen. Zu Kälbern, die mit ihren Müttern groß werden können.
Die Stürzers ziehen aus dieser Geschichte Konsequenzen: Sie wollen Ihren Betrieb mittelfristig auf die gemeinsame Weidehaltung von Küken und Kälbern umstellen.