Seit unser dank Corona gewachsenes Hygienebedürfnis unseren Plastikverbrauch nach oben treibt, haben wir umso mehr Grund Plastik zu vermeiden, wo immer es geht. Aber manchmal schafft dieser Wunsch die Wahl zwischen Pest und Cholera…
Der Lindauer Obsthof Jäger liegt in einer Postkartenlandschaft: In Sichtweite des Bodensees erzeugt die Familie seit 400 Jahren Äpfel, Birnen, Kirschen, Zwetschgen und Erdbeeren. Während wir dort für einen SWR-Film über Lebensmittelkennzeichnung drehen, wachsen uns die aromatischen Äpfel fast schon in den Mund. Und dann biegen wir um die Ecke, auf der Suche nach einem noch schöneren Panorama – und blicken auf ein schwarzes Plastikmeer.
Aus den Kunststoffplanen ragen Stengel mit grünen Blättern – die Erdbeerpflanzen der kommenden Saison. Mein erster Reflex: wie grässlich! Plastikwüste! Die schwarze Fläche kann man auch noch aus größerer Entfernung vom Wasser aus deutlich ausmachen. Muss das wirklich sein?
Obstbauer Andreas Jäger hat ein gutes Argument für den Einsatz der Folien: Es regnet hier viel, alles wächst üppig… und das gilt nicht nur für die Erdbeeren, sondern auch für Unkraut. Zwischen den Apfelbäumen wird das heutzutage wieder toleriert. Aber die Erdbeerpflanzen sind zu niedrig – sie würden schnell überwuchert werden.
Ohne Folien müsste das Erdbeerfeld regelmäßig mit Pestiziden behandelt werden. Dank den Folien geht es auch ohne. Immerhin können die Planen zwischen den Pflanzreihen einige Erdbeersaisonen lang liegenbleiben. Aber die Plastikbahnen über den Pflänzchen sind so stark mit Erdreich verschmutzt, dass eine Reinigung ganz schön ins Geld gehen würde. Also werden sie nicht recycelt sondern verbrannt.
Ein echtes Dilemma: Schön, wenn nicht gespritzt wird, wer will schon Chemie im Erdbeerkuchen… Aber noch schöner fände ich es, wenn das viele Plastik ein zweites Leben bekäme. In Frankreich wurde 2016 eine Maschine entwickelt, die Mulchfolien vom Acker birgt, wäscht und faltet. Das Verfahren ist noch in der Erprobung – aber vielleicht ein Weg. Damit wir uns irgendwann nicht mehr zwischen Gift und Plastik entscheiden müssen..
Hallo Frau Schickling,
zunächst möchte ich Ihnen sagen, dass ich Ihre Art der Berichterstattung sehr gut finde. Ein wichtiger Beitrag in der medialen Landschaft, basierend auf „ZDF“, Zahlen, Daten, Fakten! :}
Nun zu diesem Blog:
Ich habe vor ca. 35 Jahren in der Kunststoff Vorlesung gelernt, dass vom geförderten Rohöl, ca. 4% für Kunststoffe verwendet werden. Heute sind es wohl max. 15%.
Für die Reinigung dieser verschmutzen Folien benötigt man Wasser und auch Energie (aus Rohöl?).
Wäre es dann nicht besser man verbrennt diese Folien und macht Wärme und/oder Strom daraus, wie mit den anderen 85% des Rohöls?
Beim Verbrennungsmotor bleibt am Ende auch nur Wärme übrig.
Ich denke, beim Thema Recycling gibt es mittlerweile auch sehr große, wirtschaftliche Interessen. Und ich befürchte, dass nicht jedes Recycling von Kunststoffen auch sinnvoll ist.
Vielleicht ja auch mal ein Thema für Sie.
Viele Grüße
Udo Splettstößer
Herzlichen Dank für das Lob!
In der Tat würde es sich sicherlich lohnen, das Thema Recycling zu vertiefen!
Herzliche Grüße, Katarina Schickling