Mein Skianorak und die zugehörige Hose haben ihr Lebensende erreicht: Der Stoff ist verschlissen und hat Risse und Löcher, die Farbe ist ausgeblichen, die Reissverschlüsse gehen kaputt. Wohin nun mit den guten Stücken?
Ich habe nachgerechnet: Das Outfit hat sieben Saisonen auf dem Buckel, mit etwa 225 Einsatztagen. Dreimal habe ich schon Risse und Löcher geflickt. Da finde ich es ok, dass Stoff und Reissverschlüsse jetzt in die Knie gehen. Anorak und Hose stammen von einem Hersteller, der bei der Produktion an vielen Stellen auf Nachhaltigkeit achtet; der Stoff – Polyester – ist fast zur Hälfte aus Recyclingmaterial. So weit, so gut. Aber was ist nun der nächste Schritt?
Bei klassischen Altkleidersammlungen steht immer ausdrücklich, dass „tragbare Kleidung“ gesucht wird. Das ist mein Skioutfit eindeutig nicht mehr, drum mustere ich es ja aus. Also doch in den Hausmüll? Oder kann man aus dem Polyester vielleicht doch irgendwie sinnvoll neues Polyester machen?
Wertvoller Rohstoff oder doch nur Müll?
Ich fange beim Hersteller an. Die Firma Picture macht viel Werbung damit, wie wichtig ihnen nachhaltiges Produzieren ist. Das finde ich sympathisch. Meine Wanderschuhe konnte ich kürzlich direkt beim Hersteller wieder einsatzbereit machen lassen. Das scheidet hier aus: Mein Skioutfit ist so abgetragen, dass es eindeutig nicht mehr sinnvoll zu reparieren ist. Aber vielleicht kann man ja aus dem Material etwas Neues schaffen?
Offensichtlich nicht. Die Antwort des Herstellers auf meine Anfrage finde ich relativ dürftig:
Vielen Dank, dass Sie sich mit uns in Verbindung gesetzt haben. Bisher konnten wir noch nichts in die Wege leiten. Wir empfehlen Ihnen aber, Ihre Artikel bei einer Sammelstelle wie Emmaus abzugeben.
Schönen Tag und danke für Ihre Unterstützung 😊
Also doch die Altkleidersammlung?
Altkleidercontainer: Boutique oder Materiallager?
Ich frage bei meinem örtlichen Abfallbetrieb nach: Ist es sinnvoll, nicht mehr tragfähige Kleidung hier zu entsorgen? Lässt sich mit dem Material etwas Sinnvolles anstellen, wenn es halbwegs sortenrein gesammelt wird? Zwei Wochen später habe ich noch keine Antwort – der allgemeine Fachkräftemangel scheint auch hier zu wüten…
Ich recherchiere weiter… Das grundsätzliche Problem bei Altkleidern: Es gibt ein deutliches Überangebot. Selbst tragfähige Kleidung landet deshalb nicht zwangsläufig in deutschen Kleiderkammern. Vieles wird in den globalen Süden exportiert und ruiniert dort die heimische Textilindustrie – darüber habe ich schon vor vielen Jahren für quer berichtet, und an dem Problem hat sich seither nicht viel geändert.
Abgenutzte Textilien könnten theoretisch zumindest teilweise als Rohstoff verwertet werden. Im Sinne einer Kreislaufwirtschaft ist es grundsätzlich sinnvoll, wenn ein möglichst hoher Anteil wieder- oder weiterverwendet wird. Allerdings ist die Menge an minderwertigen Textilien in den letzten Jahren derart gestiegen, dass der Bedarf an textilien Rohstoffen, etwa für Putzlappen, Malervlies, Dachpappen oder Autoinnenverkleidungen, mehr als gedeckt ist.
Also was tun?
Ich habe eine Seite gefundet, die den richtigen Umgang mit Altkleidern sehr detailliert erläutert. Wie so oft bleibt als Fazit: Der beste Konsum ist der, der gar nicht stattfindet. Im Fall meines Skioutfits habe ich es bis hierhin ganz gut gemacht: Die Herstellung war nachhaltig, das Material ganz ok, und ich habe es getragen, bis es so richtig hinüber war – was dank der soliden Verarbeitung angemessen lange gedauert hat. Ein klares Plaidoyer gegen Fast Fashion.
Anorak und Hose habe ich jetzt im Hausmüll entsorgt – aber so richtig zufrieden bin ich damit nicht. Und frage mich, ob es nicht – nur mal so ins Blaue gedacht – gut wäre, Hersteller zur Zurücknahme zu verpflichten. Die Vorstellung, wie H&M und Co von riesigen Mengen abgetragener Klamotten überflutet werden und die Verwertung oder Entsorgung an der Backe haben, gefällt mir irgendwie…
Das Recycling von Sportbekleidung ist sicher noch ein längerer Weg, fängt beim Design an, geht übers Material bis zur möglichst einfachen Trennbakeit der einzelnen Teilprodukte.
Ja, das wäre gut!