Ich werde bei Lesungen oft gefragt, wo ich eigentlich meine Themen finde. Bei dem Film, der nächste Woche am Mittwoch im SWR Fernsehen läuft – Das Geschäft mit der Nachhaltigkeit, 20. Oktober 2021, 20:15 – entstand die Idee, als ich mit meinem Lieblingscutter im Schnitt saß
Es ist ungefähr ein Jahr her, dass ich die Geschichte gepostet habe, wie wir bei der Arbeit nebenher herausfanden, dass so genanntes Bio-Plastik eine ganz schön perfide Mogelpackung ist – ich hab damals hier darüber geschrieben.
Aus dem Ärger über die dreiste Verbraucher:innen-Täuschung wurde eine Filmidee über Greenwashing aller Art. Und natürlich musste auch die schummelnde Öko-Kaffeekapsel in den Film, in einem Selbstversuch.
Ich mache den Test
Gleich nachdem ich im Schneideraum auf die vermeintliche Kompostierkapsel gestoßen war, beschloss ich, zu Hause einen Test zu machen, der dann auch im Film verwendet wurde. Vorsicht Spoileralarm – für Euch enthülle ich hier schon mal, was passiert, wenn man laut Herstellerangaben kompostierbares Plastik verrotten lässt: Ihr werdet es ahnen… nichts!
Vier Monate lang moderten Gefäße mit Erde und Bioplastikprodukten in einer dunklen Ecke meines Wohnzimmers vor sich hin, immer wieder liebevoll nachgefeuchtet. Am Ende der Testzeit holte ich eine quasi unversehrte Kaffeekapsel aus der Erde. Während Papiertüten und kompostierbare Pappbecher rückstandsfrei verrottet waren, war der Bioplastik-Beutel, laut Packungsaufdruck besonders gut geeignet für Biomüll, noch ziemlich intakt.
Beim Abfallwirtschaftsamt des Rems-Murr-Kreises hab ich mir für den Film außerdem angeschaut, was mit Bioplastik in einer professionellen Verrottungsanlage gescheht: wieder… nichts! Wer seinen Biomüll in einem Bioplastikbeutel in die Tonne wirft, hätte sich die ganze Trennerei von vorneherein sparen können. Denn der Beutel wandert inklusive Inhalt direkt in die Müllverbrennung – Tüte und Inhalt manuell zu trennen wäre zu aufwändig…
Ganz legale Öko-Tricks
Das Problem ist die EU Norm 13432. Die besagt, dass Plastik „kompostierbar“ heißen darf, wenn es in industriellen Großanlagen in maximal 6 Monaten zu 90 Prozent verrottet. Doch solche Anlagen gibt es in Europa praktisch nicht. Und auch 10 Prozent Restplastik wären für verwertbaren Kompost noch zu viel. Wozu existiert eine Norm, die gar nichts Anwendbares normiert? Muss mich der Gesetzgeber nicht vor dieser Art Etikettenschwindel schützen?
Im Film spreche ich darüber mit Vivian Loonela von der EU-Kommission und mit Martin Häusling, der für die Grünen im Umweltausschuss des EU-Parlamentes sitzt.