Ich gebe es offen zu: Der Lockdown lähmt nicht nur meine Mobilität, sondern auch meine Gedanken. Erst durch die Beschränkungen wird mir bewusst, wie stark meine Kreativität aus Quellen gespeist wird, die mir aktuell versperrt sind: Reisen, zum Beispiel. Geselligkeit. Oder ein paar neue Schuhe…

Weil schlechte Laune meine Kreativität nachhaltig beeinträchtigt, habe ich daher beschlossen, eine ganz subjektive Liste positiver Corona-Folgen aufzulisten – offen für Ergänzungen. Alle Leser*innen sind herzlich eingeladen, diese Liste zu ergänzen!

1. Das Ende der Frequent Traveller

Ich reise gerne, grundsätzlich. Aber die tageweise Herumfliegerei, oft nur für ein paar Stunden Sitzung, habe ich stets als unproduktiv empfunden. Gleichzeitig galt das Dogma, dass der persönliche Kontakt unerlässlich sei, bei Verhandlungen, Abnahmen u.ä. Stimmt gar nicht! Vieles geht auch ohne dass haufenweise Menschen ihre CO2-Bilanz ruinieren und Stunden in Verkehrsmitteln und Wartelounges vetrödeln, wo man ja doch nie so effektiv arbeitet, wie am Schreibtisch.

Das Ende der Vielfliegerei nutzt dem Klima, spart Reisekosten, sorgt vor allem aber für viel höhere Produktivität – ohne Corona hätten wir vermutlich nicht so schnell gelernt, dass Videokonferenzen gar nicht so schlecht sind. Und ich hab immer Spaß daran zu sehen, wie meine Kolleg*innen so privat wohnen…

2. Wir schaffen unser Klimaziel 2020

… was uns langfristig natürlich nicht hilft, da müssen wir dennoch umsteuern, in vielen Bereichen. Aber kurzfristig ist das auf jeden Fall eine gute Nachricht!

3. Die Arbeitsbedingungen in deutschen Schlachthöfen

Im Grunde ein Armutszeugnis – mein erster Film, damals für die Sendung quer im Bayerischen Fernsehen, über die verheerenden Umstände, unter denen bei uns Tiere geschlachtet und Menschen dafür beschäftigt werden, stammt aus dem Jahr 2012. Die Angst vor der massenweisen Verbreitung des Corona-Virus hat der Politik hier endlich Beine gemacht. Ob das dauerhaft zu menschenwürdiger Beschäftigung und Unterbringung führt – mal sehen. Aber zumindest ist hier eine Branche mit höchst fragwürdigen Methoden ins Blickfeld geraten, und das finde ich erfreulich.

4. Ich hab das Winterwandern entdeckt

Das ist jetzt zugegebenermaßen für die Welt nicht so wichtig, aber für mich: Berge machen mir auch ohne Ski und Seilbahn Spaß. Ich besitze seit November sogar Grödel, ein Gegenstand, von dessen Existenz ich noch vor zwei Monaten nicht mal wusste, geschweige denn dass ich gewusst hätte, auf welchen Fachbegriff diese Schneeketten für Bergschuhe hören.

5. Keine Paketberge mehr in meinem Wohnzimmer

Ein Schicksal, dass ich vermutlich mit allen Erdgeschossbewohnern und Heimarbeitern teile: Ich bin schon seit Jahren die zentrale Paketannahmestelle der Nachbarschaft. Dank Corona jedoch muss ich keine Pakete mehr annehmen sondern kann immer sagen, bitte stellen Sie es doch demjenigen vor die Tür. Und alle haben total Verständnis für einen und finden einen deshalb nicht zickig sondern umsichtig in Sachen Pandemie – angenehm.

Bei kurzem Nachdenken schon fünf gute Seiten – da ist die Laune doch gleich besser… und lässt mich verschmerzen, dass mich Corona im November davon abgehalten hat, in Griechenland ein tolles Orangenbauernprojekt zu besuchen. Doch auch da konnte ich dank Videokonferenz und Onlineversand interessante Einblicke gewinnen. Mehr dazu nächste Woche!