Am Samstag war ich wandern. Auf dem Weg rauf zur Lengrieser Hütte konnte ich eindrucksvoll sehen, warum am Brauneck zwei Tage zuvor der Skibetrieb komplett eingestellt worden war: Bis auf die weißen Bänder der beschneiten Pisten lag dort gar kein Schnee. Und nach unten schmolzen selbst diese Bänder zu einem lückenübersähten Flickenteppich zusammen. Vorboten eines endgültigen Abschieds?

Ich gebe offen zu, ich bin bei diesem Thema befangen. Ich fahre wahnsinnig gerne Ski. Und frage mich dennoch immer öfter, wie Klimawandel und Skifahren zusammenpassen. Überall in den Alpen sind die Skipässe in dieser Saison deutlich teurer geworden, weil die hohen Energiepreise bei etwas so energieintensivem wie dem Betrieb eines modernen Skigebiets natürlich reinhauen.

Skifahren ist extrem komfortabel geworden: sehr schnelle, sitzbeheizte Gondeln haben Wartezeiten an den Liften weitgehend abgeschafft, ebenso wie das Frieren im kalten Winterwind. Auf den Pisten sorgen flach gewalzte Kunstschneeteppiche dafür, dass man rasant und ohne große Mühe den Hang herunterkommt. Ich würde auch ohne diesen Komfort gerne Ski fahren. Aber offensichtlich haben sich die Investitionen in immer modernere Lifte rentiert, und ohne Kunstschnee ist heute praktisch kein Skigebiet mehr konkurrenzfähig. Aber sind das überhaupt die entscheidenden Nachhaltigkeitsthemen?

Die Ökobilanz eines Skitags

Peter Schmidl, der Geschäftsführer der Grossglockner Bergbahnen in Heiligenblut, hat 2019 am Beispiel seines eigenen Skigebiets ausgerechnet, welche Ökobilanz ein Skitag dort hat. Der größte Posten auf der Negativseite dort ist demnach der Dieselverbrauch der Pistenraupen – fast 40 Prozent des gesamten Energieverbrauchs der Bergbahnen. Er kommt bei seiner Rechnung zu dem Schluss, dass die Emissionen für den Betrieb des Skigebiets – die Lifte, der Kunstschnee, die Präparierung – pro Gast am Tag etwa 20 Autokilometern in Schmidls privatem PKW entsprechen.

Klar, jetzt könnte man diskutieren, ob das nicht dennoch vermeidbare Emissionen sind, unter dem Aspekt Kleinvieh… und sicherlich ist auch Herr Schmidl etwas befangen. Andererseits hängen am Wintertourismus viele Arbeitsplätze. Nur dank dem Skitourismus wurden aus bettelarmen Bergdörfer prosperierende Wirtschaftsregionen. 2008 betrug der Anteil des Wintertourismus am österreichischen Bruttoinlandsprodukts über 4 Prozent.

Auf der Suche nach den wahren Ökosünden

Umweltfolgen sind extrem schwer zu berechnen – Ökobilanzen sind ungeheuer komplex, und bei vielen Zahlen, die durchs Netz geistern, werden Äpfel mit Birnen verglichen. Die umfassendste und transparenteste Kalkulation stammt vom WWF, schon aus dem Jaher 2009, aber an den Zahlen dürfte sich seitdem nichts Entscheidendes geändert haben. Unter dem Titel „Skispass in Vorarlberg“ verursacht Ronny aus Dresden demnach in 7 Tagen Skiurlaub 422 kg CO2-Ausstoß: 296 kg für die An- und Abreise als einziger Passagier in seinem Kleinwagen, 85 kg für die Unterkunft, 32 kg für die Verpflegung und 10 kg für die Aktivitäten vor Ort – also etwa die Lifte und Schneekanonen. In diesem Szenario entfallen stolze 70 Prozent der Emissionen auf die Anreise.

Ich rechne mit diesen Zahlen weiter und breche sie auf ein verlängretes Skiwochenende von mir in Lech herunter: Meine Anreise aus München beträgt nur 210 Kilometer. Aber durch die kürzere Zeit vor Ort lande ich hier sogar bei 76 Prozent, die allein auf die Autofahrt entfallen. Nun könnte ich natürlich eine Fahrgemeinschaft bilden. Andererseits ist dann das Auto größer. Und gerade in Bayern und Baden-Württemberg fahren viele gerne mal auch nur für einen Tag ins Skigebiet. Zu dritt im Auto von München nach Kitzbühel, mit einem Mittagessen auf der Hütte, wären wir mit den WWF-Zahlen schon bei einem Emissions-Anteil der Reise von 91 Prozent.

Ski und nachhaltig – wie geht das?

Um nochmal auf die Entwicklung unserer Winter zu kommen: Bevor 2015 das bayerische Sudelfeld ausgebaut wurde, für viel Geld und hoch subventioniert von der bayerischen Staatsregierung, habe ich für die Sendung quer dort mit dem Tourismusdirektor gedreht. Er erklärte mir damals stolz, dass die Investion sich total amortisieren würde, weil die Uni Innsbruck ausgerechnet habe, dass die Winter noch mindestens 15 Jahre kalt genug für regelmäßige Beschneiung seien. Von diesem Zeitraum ist nun die Hälfte vorbei, und während ich das hier schreibe, am 8. Januar, mitten im Hochwinter also, hat es am höchsten Punkt des Skigebiets 4 Grad Celsius, plus wohlgemerkt. In den nächsten Tagen wird es eher wärmer. Anders als am Sudelfeld läuft dort die Hälfte der Lifte – noch. Der Münchner Merkur hat im letzten Januar berichtet, dass weitere Beschneiungsanlagen geplant sind. Echt jetzt?

Vielleicht sollten wir uns an den Gedanken gewöhnen, dass der Skitourismus in niedrig gelegenen Gegenden keine Zukunft hat. Und lieber in Maßnahmen investieren, die wirklich zukunftsfähig sind, anstatt immer weiter Geld in sterbende Wirtschaftszweige zu werfen. Mich erinnert das an die Steinkohlesubventionen. Oder das Festhalten am Verbrennermotor.

Was tun?

Ich habe für mich für diesen Winter ein paar Spielregeln beschlossen, ausgelöst von meinem Besuch auf der Gerlitzen, über den ich im November schon berichtet habe.

  1. keine Tagestouren
  2. Skifahren nur noch dann, wenn an meinem Skiort auch neben der Piste Schnee liegt. Echter Schnee eben
  3. so oft wie möglich mit dem Zug anreisen

Bei Punkt 3 bin ich in diesem Jahr zugegebenermaßen schon zweimal gescheitert, aus diversen Gründen, aber ich bleibe dran. Und ich habe mich gefragt, was Skigebiete eigentlich unternehmen, um ihre Ökobilanz zu verbessern und mir dabei den Ort angesehen, der auch dem WWF für seine Berechnungen an Ziel diente: Lech. Einer der Orte, die hoch genug liegen, um weiter auf Schnee hoffen zu können. Das Ergebnis meiner Recherchen gibt es hier in zwei Wochen.