Greenwashing, das gibt es oft. Aber besonders ärgert es mich, wenn es von Firmen betrieben wird, wo Nachhaltigkeit zentraler Bestandteil des Profils ist. Zum Beispiel Manufactum – besonders teuer, weil besonders gut… oder doch nicht?

Zu „to go“-Kaffee habe ich ein spezielles Verhältnis – es war ein Artikel über Kaffeebecher, der für mich vor ein paar Jahren die Initialzündung für mein Buch Der Konsumkompass war. Deshalb freue ich mich darüber, dass das Thema Pfandbecher immer besser läuft. Dachte ich zumindest. Bis ich in der Münchner Filiale von Manufactum einen Cappuccino kaufte. Natürlich fragte ich nach einem Mehrwegbecher. Gibt es nicht, wurde mir erklärt.

Grün werben, Ökosünden verkaufen

Das wundert mich jetzt doch sehr… Denn auf ihrer Webseite verkündet die Firma selbstbewusst:

Nachhaltigkeit steht im Fokus unserer Produktauswahl. Wir setzen auf natürliche Inhaltsstoffe und Materialien, die gepflegt werden können, sowie auf eine ressourcenschonende und sozialverträgliche Produktion.

Bei diesem Branding würde ich voraussetzen, dass Mehrwegsysteme gewissermaßen Teil der Manufactum-DNA sein müssten. Seit Anfang dieses Jahres ist das Anbieten von Mehrwegbehältern für die Gastronomie allerdings sowieso gesetzlich vorgeschrieben. Es gibt Ausnahmen, zum Beispiel für kleine Betriebe mit weniger als 80 Quadratmetern und maximal 5 Beschäftigten, das jedoch trifft beides für den riesigen Manufactum-Flagshipstore in München nicht zu.

Noch mehr ärgere ich mich, als ich den Wegwerfbecher genauer unter die Lupe nehme. Für einen Pappbecher ist er vergleichsweise aufwändig gearbeitet und relativ schwer – hier wandert also überdurchschnittlich viel Papier in den Müll. Und leider in den Restmüll: Als ich nach einem Hinweis suche, ob der Luxus-Pappbecher womöglich wenigstens aus recyceltem Papier hergestellt sein könnte, ganz im Sinne des Nachaltigkeitsversprechens, stoße ich stattdessen auf die Info, dass das gute Stück Plastik enthält. Er kann also auch nicht recycelt werden, sondern muss in den Restmüll – das ist nun wirklich das Gegenteil von nachhaltiger Produktgestaltung!

Das gilt übrigens auch für die Verpackung der Stullen. Papier und Plastik sind zu einer Verbundfolie verklebt. In diesem Zustand landet diese Folie unweigerlich in der Müllverbrennung – siehe mein Artikel von vergangener Woche. Beim Bio-Supermarkt Basic ist bei solchen Folien immerhin der Hinweis aufgedruckt, die beiden Materialien vor dem Entsorgen wieder zu trennen und dann auch getrennt wegzuwerfen. Bei Manufactum hätte das womöglich das Design gestört???

Was sagt die Firma?

Immerhin gibt es ein gewisses Problembewusstsein. Christoph Köhling, zuständig für „Brand Communication“, teilt mir mit:

Wir arbeiten derzeit an einer Lösung, um uns vollständig von den Einwegbechern aus Verbundmaterial zu trennen und eine Alternative anbieten zu können. Leider sind wir in diesem Prozess noch nicht am Ziel. Als ersten Schritt haben wir jedoch die bisherigen Plastikdeckel durch Deckel aus Maisstärke ersetzt.

Außerdem gebe es ein Mehrwegsystem, das seit Januar auch in München im Angebot sei. Also, theoretisch zumindest, praktisch ja offensichtlich nicht. Dazu schreibt die Firma:

Aufgrund Ihrer Nachricht haben wir die Standorte von Manufactum Brot und Butter überprüft und festgestellt, dass wir an einzelnen Standorten noch Nachholbedarf in der Kommunikation des Vytal-Pfandsystems haben. In Kürze werden wir verstärkt mit Plakaten und Displays auf die Möglichkeit des Mehrweggeschirrs hinweisen.

Greenwashing, reloaded

Nun ist „kürzlich“ ja ein dehnbarer Begriff, aber ich hätte gedacht, dass 7 Wochen für eine so vergleichsweise einfache Maßnahme reichen sollten. Zweiter Testkauf also, am Donnerstag der vergangenen Woche. Plakate oder Displays: Fehlanzeige. Ich wede auch nicht gefragt, ob ich einen Mehrwegbecher möchte. Beim Nachhaken stellt sich heraus, dass es die Becher jetzt gibt. Sie können aber nicht verwendet werden, weil man dazu eine App brauche, die aber aus irgendwelchen Gründen – so genau konnte der sehr verlegene Barista das nicht sagen – nicht ging.

Mein Fazit: Manufactum möchte gerne nachhaltig wirken. Bei der Umsetzung jedoch ist echt viel Luft nach oben. Schade eigentlich!