Regional und saisonal sollen wir einkaufen – den Tipp hat jeder schon mal gehört, der nachhaltig leben möchte. Ich will heute mal aufschlüsseln, wie groß der Effekt ist, wenn man diese Regel befolgt.

Vor zehn Tagen war ich in Berlin auf einem Treffen der Firma Gebana. Bei dieser Gelegenheit erzählte uns das Team davon, dass sie in der nächsten Saison erstmals Ananas mit dem Schiff nach Europa bringen wollen, statt mit dem Flugzeug. Das Überraschende für mich an dieser Nachricht: Mir war gar nicht klar, dass Ananas, zumindest wenn sie aus Westafrika kommt, praktisch immer fliegt. Flugmango ist böse, klar, würde ich nie kaufen. Aber da bei der Ananas nichts davon dabeisteht, im Laden, hab ich mir ehrlich gesagt nie Gedanken darüber gemacht und mir ab und zu eine Ananas gegönnt.

Der Öko-Fußabdruck von Flieger-Obst

Es gibt keine Kennzeichnungspflicht für Flugware. Das ist ärgerlich, denn der Unterschied fürs Klima ist enorm. Das IFEU-Institut hat in einer Studie 2020 CO2-Bilanzen von Lebensmitteln erstellt. Die Flugware schlägt dabei besonders stark zu Buche:

  • Ananas aus Südamerika per Schiff: 0,6 g CO2Äq. / kg Lebensmittel
  • Ananas aus Südamerika per Flugzeug: 15,1 g CO2Äq. / kg Lebensmittel

Das 25-fache also… das finde ich ganz schön happig!

Es gibt eine Erhebung der Verbraucherzentralen dazu, bei welcher Ware wir davon ausgehen müssen, dass sie eingeflogen wurde – diese Zahlen stammen von 2009, aber ich schätze, viel wird sich seither nicht verändert haben. Demnach sind diese Obst- und Gemüsesorten typischerweise im Flugzeug angereist:

  • frische Bohnen aus Ägypten, Kenia und Thailand
  • frischer Spargel aus Peru
  • frisches Gemüse aus Ost- und Westafrika, Thailand und der Dominikanischen Republik
  • frische Papayas
  • frische Guaven, Mangos und Mangostans aus Pakistan, Brasilien und Thailand
  • frische Ananas aus afrikanischen Ländern
  • frisches Obst aus Uganda, Ghana und Togo
  • Erdbeeren aus Ägypten, Israel und Südafrika

Klimaschädliche Vitamine

Nicht nur zur Schattenseite vom Transport mit dem Flugzeug bietet die oben genannte IFEU-Studie Zahlen. Sie hat auch untersucht, welchen Unterschied es ausmacht, ob etwa Erdbeeren im Gewächshaus gezogen wurden oder Äpfel noch lange im Kühlhaus Energie verbraucht haben, bevor sie bei uns auf den Tisch kommen. Hier erst mal die Äpfel:

  • Äpfel aus der Region zur Erntezeit: 0,3 g CO2Äq. / kg Lebensmittel
  • Äpfel aus der Region im April: 0,4 g CO2Äq. / kg Lebensmittel
  • Äpfel aus Neuseeland:0,8 g CO2Äq. / kg Lebensmittel

Dass Erdbeeren im Winter ein Frevel sind, darüber herrscht inzwischen weitgehend Konsens, mal abgesehen davon, dass die Früchte in der Saison völlig anders schmecken.

  • Erdbeeren aus der Region in der Saison: 0,3 g CO2Äq. / kg Lebensmittel
  • Erdbeeren aus dem Gewächshaus im Winter: 3,4 g CO2Äq. / kg Lebensmittel

Tomaten gibt es bei uns ganzjährig, mit großer Selbstverständlichkeit – eigentlich erstaunlich, dass darüber kaum diskutiert wird. Dabei unterscheiden sich die Klimabilanzen je nach Jahreszeit enorm – Tomaten im Winter sind kaum weniger klimaschädlich, als Erdbeeren!

  • Deutsche Tomaten in der Saison: 0,3 g CO2Äq. / kg Lebensmittel
  • Freilandtomaten aus Südeuropa: 0,4 g CO2Äq. / kg Lebensmittel
  • Tomaten aus einem beheizten Gewächshaus: 2,9 g CO2Äq. / kg Lebensmittel

An dieser Stelle wird es übrigens komplex, und ich wünsche mir wieder mal, dass es eine verpflichtende CO2-Abdruck-Kennzeichnung gäbe. Denn im Chiemgau gibt es das Geothermie-beheizte Gewächshaus von Gemüsebau Steiner, wo auch im Winter Tomaten mit hervorragender Klimabilanz reifen. Ich bin ja sonst kein Fan der großen Supermarktketten, aber diese Tomaten bei REWE kann man auch im Dezember guten Gewissens kaufen.

In Europas größter Salzwasserlagune Mar Menor in der Provinz Murcia sind die Folgen unseres gedankenlosen Konsums gerade live zu erleben: 15 Tonnen Fische und Krustentiere sind dort in den vergangenen Wochen verendet, unter anderem eine einst riesige Population von Seepferdchen. Eine Ursache davon ist die intensive Bewirtschaftung der Gegend, wo ein großer Teil des spanischen Gemüses in unseren Supermärkten herkommt. Ein Grund mehr, das Richtige zu tun:

Obst und Gemüse aus der Region kaufen, dann wenn es Saison hat. Exotische Früchte gelegentlich genießen, als Delikatesse. Und sich dafür interessieren, wie diese Produkte zu uns gekommen sind!