„Coating“ geistert gerade durch die sozialen Medien, als innovativer Ersatz für Plastikverpackungen. Tolle Lösung oder Mogelpackung?

Kaum hatte ich meinen Artikel über die Plastikflut beim Verpacken von Obst und Gemüse online gestellt, bin ich auf eine Pressemitteilung von Edeka gestoßen: Da gebe es nun eine tolle Verpackungsalternative namens Apeel, die auf der EDEKA-Homepage folgerichtig unter dem Reiter „Ressourcenschutz“ beworben wird.

Das so genannte Coating funktioniert so: Aus pflanzlichen Fetten, etwa aus Schalen und Samen von Früchten, wird eine Schutzschicht hergestellt, mit der sich Obst und Gemüse überziehen lässt. Laut Herstellerwerbung wirkt diese Schicht

„wie eine Schutzbarriere und hält somit das Wasser drinnen und den Sauerstoff draußen. Der Reifeprozess – und damit auch der Verderb von Früchten oder Gemüse – wird dadurch stark verlangsamt. „

Das klingt erst mal toll – gut gegen Lebensmittelverschwendung, es werden Materialien verwendet, die sonst im Müll landen würden, und man könne die Schicht sogar mitessen.

Was kaufen wir da?

In der EU ist diese Technik seit 2019 zugelassen, und zwar ausschließlich für Früchte, deren Schale nicht mitgegessen wird, also etwa Avocados oder Orangen. Diese müssen dann mit dem Zusatz „gewachst“ gekennzeichnet sein. Bei meinem Rechercheeinkauf stand die Info bei den Avocados allerdings lediglich auf dem Preisschild am Regal.

In den USA ist das anders, da wird Coating inzwischen beispielsweise auch bei Äpfeln angewandt. Bei Bio-Lebensmitteln ist der Einsatz in Europa generell verboten.

Aus meiner Sicht hat die Sache allerdings einen wesentlichen Haken: Das Coating spart hier gar keine Verpackung ein: Avocados etwa werden meist lose gehandelt. Und auch gecoatete Orangen befinden sich bei Edeka trotzdem noch im Plastiknetz, da wird also gar nichts eingespart, obwohl genau das oft als Argument genannt wird, warum Coating eine so nachhaltige Lösung sein soll.

Aber die Verpackungsvermeidung ist ja nicht das einzige Argument – es soll beim Coating ja auch darum gehen, Lebensmittel länger haltbar zu machen und so einen Beitrag gegen Lebensmittelverschwendung zu leisten. Funktioniert wenigstens das?

Was wirklich frischer hält

Meine Kolleg:innen vom SWR Marktcheck haben sich mit der Frage befasst, ob die Schutzschicht umhüllte Erzeugnisse tatsächlich länger frisch hält. Tatsächlich ließen sich damit Feuchtigkeitsverlust und Schimmel etwas aufhalten.

Mir fällt allerdings eine sehr viel sinnvollere Methode ein, zu lange haltbaren Produkten zu kommen: Frischer einkaufen. Ich habe im letzten Winter beispielsweise eine Fünf-Kilo-Kiste spanischer Avocados bei einem Crowdfarming-Bauern gekauft. Zwei Tage nach der Ernte waren die Früchte bei mir in München und blieben problemlos 3 Wochen essbar. Die Orangen, die ich schon lange bei Naranjas del Carmen kaufe, halten ebenfalls 3-4 Wochen durch, weil sie so schnell nach der Ernte bei mir sind.

Hier liegt nämlich das eigentliche Problem bei der Art und Weise, wie wir so genannte frische Waren handeln: Was im Supermarkt im vermeintlichen „Frischebereich“ auf unsere Kaufentscheidung wartet, ist meist schon wochenlang unterwegs und alles andere als frisch. Anstatt energieverbrauchende Techniken zu entwickeln, mit denen man sich über diese Tatsache hinwegmogeln kann, scheint es mir sehr viel nachhaltiger, am Weg der Ware zu uns anzusetzen.

Und damit wären wir wieder bei den üblichen – aber immer auch richtigen – Tipps: Regional und saisonal einkaufen, am besten direkt bei den Erzeugern, auf Bauernmärkten, in Hofläden. Und wenn es etwas Exotischeres sein soll, Crowdfarmingprojekte von Direktvermarktern im Netz nutzen. Dann kann man sich die Coaterei sparen.