600 Schweine sind im Landkreis Osnabrück in ihrem Stall verendet – das meldete gestern die DPA. Aufgefallen ist das offenbar nur, weil der verantwortliche Mitarbeiter auf Druck des Betriebsinhabers selbst die Behörden informiert hat.

Gestern hatte ich mich noch über die Meldung gefreut, dass der Discounter Aldi sein Tierwohlversprechen deutlich ausweitet. Um heute gleich wieder darauf gestoßen zu werden, wie nachlässig bei uns mit der Ware Fleisch umgegangen wird.

Im aktuellen Fall habe ein Mitarbeiter, der die Tiere betreuen sollte, sie seit längerem vernachlässigt, das aber verheimlicht. Ich habe in vielen Ställen gefilmt, und immer war mein Eindruck, dass den Landwirt:innen am Wohl ihrer Tiere liegt. Aber schlecht gemanagte Ställe würden mich vermutlich auch nicht reinlassen…

Routinemäßige Kontrollen bei allen Betrieben sind in unserem System im konventionellen Bereich nicht vorgesehen. DPA zitiert die zuständigen Behörden dazu so:

Das Kontrollkonzept des Kreises sei risikobasiert. Anhand zahlreicher Daten erstelle der Veterinärdienst eine Liste von Betrieben, die vorrangig auf Tierschutzverstöße kontrolliert werden. Das Verfahren habe sich aus Sicht des Landkreises in den vergangenen Jahren bewährt, hieß es in der Mitteilung.

Kontrolle ist gut, Vetrauen ist besser???

2018 haben die Fraktionen der FDP und der Grünen kleine Anfragen an die Bundesregierung zum Thema Kontrollen bei Tierhaltern gestellt. Die Ergebnisse werfen ein düsteres Licht auf die Prüfdichte in konventionellen deutschen Ställen. Es geht hier um so genannte anlasslose Kontrollen – Besuche, wo tierärztliches Fachpersonal routinemäßig nachschaut, ob alles so läuft, wie es das Gesetz vorschreibt, ohne dass es irgendeine Verdachts-Meldung gegeben hätte. Von 2009 bis 2017 wurden Nutztiere haltende Betriebe in Deutschland im Durchschnitt nur etwa alle 17 Jahre kontrolliert. Richtig gelesen, 17! Jahre!!! Da kann man ziemlich lange die ohnehin schon sehr niedrige Latte in Sachen Tierwohl unterschreiten, ohne dass das irgendjemandem auffällt.

Tierhalter in Schleswig-Holstein bekamen rechnerisch noch sehr viel seltener amtstierärztlichen Besuch: nur alle 37,3 Jahre. Schlusslicht war Bayern, dort musste man sogar nur alle 48,1 Jahre mit einem Kontrollbesuch rechnen. Dabei könnte man bei diesen Kontrollvisiten offenkundig einiges finden: Die Antwort der Bundesregierung ergab nämlich außerdem, dass es im Beispieljahr 2017 bei 29.845 amtlichen Tierschutzkontrollen zu 6.127 Beanstandungen kam. Das bedeutet: auf mehr als jedem fünften Hof, der einfach so, ohne Anlass, besucht wurde, war irgendetwas nicht in Ordnung. Aber wer kaum nachsieht, findet dann eben auch nichts. Zum Vergleich: Ein Bio-Hof wird mindestens einmal im Jahr ohne Anlass kontrolliert.

Tierwohl geht nur mit Strukturen

Auf meinen Instagrampost von gestern bekam ich einen Kommentar vom Bauernverband: Der freute sich auch über Aldi, forderte aber auch gleich:

Jetzt gilt es, gemeinsam zu verhindern, dass die Bundesregierung solche Initiativen mit einem schlecht gemachten Tierwohlkennzeichen konterkariert.

Ich finde es gut, dass die Bundesregierung wenigstens überhaupt ein verpflichtendes Tierwohlkennzeichen anstrebt. Im Grunde ist es sehr simpel: Alles, was unterhalb der Biokriterien stattfindet, ist nicht tiergerecht. dass es immer noch besser geht – keine Frage! Aber das Kontrollsystem im Biobereich ist dem staatlichen offenkundig um Jahrzehnte voraus, im Wortsinne.