Was das Thema Tierwohl angeht: ja! Ich freue mich sehr über den Koalitionsvertrag. Was da angekündigt wurde, lässt hoffen, dass hier etwas Gutes passiert

Ich habe an dieser Stelle von viele Male beklagt, wie hasenherzig die Politik das Thema Tierwohl betreibt, allen voran die scheidene Agrarministerin Julia Klöckner und ihre Tierwohl-Kennzeichnungs-Farce. Was die Ampel jetzt in ihrem Koalitionsvertrag ankündigt, klingt für mich sehr ermutigend. Hier ein paar wichtige Stichpunkte, bei denen es um Tierwohl geht:

  • Wir führen ab 2022 eine verbindliche Tierhaltungskennzeichnung ein, die auch Transport und Schlachtung umfasst. Unser Ziel sind entsprechende verbindliche EU-weit einheitliche Standards. Zudem führen wir eine umfassende Herkunftskennzeichnung ein.
  • Die Investitionsförderung wird künftig nach den Haltungskriterien ausgerichtet und in der Regel nur nach den oberen Stufen gewährt. Das Bau- und Genehmigungsrecht ist entsprechend anzupassen. Die Entwicklung der Tierbestände soll sich an der Fläche orientieren und wird in Einklang mit den Zielen des Klima-, Gewässer- und Emissionsschutzes (Ammoniak/Methan) gebracht.
  • Wir schließen bestehende Lücken in der Nutztierhaltungsverordnung und verbessern das Tierschutzgesetz (Qualzucht konkretisieren, nicht-kurative Eingriffe deutlich reduzieren, Anbindehaltung spätestens in zehn Jahren beenden).
  • Wir werden den wirkstoff- und anwendungsbezogenen Antibiotikaeinsatz in landwirtschaftlichen Betrieben erfassen und senken.
  • Lebendtiertransporte in Drittstaaten werden künftig nur erlaubt, wenn sie auf Routen mit nachgewiesen tierschutzgerechten Versorgungseinrichtungen stattfinden. Wir setzen uns auch auf EU-Ebene für bessere Regelungen für Tiertransporte und einen Ausbau des Datenbanksystems TRACES ein. Wir fördern dezentrale und mobile Schlachtstrukturen. Sie schaffen die Rechtsgrundlage zur Einführung eines standardisierten kameragestützten Überwachungssystems in besonders tierschutzrelevanten Bereichen in Schlachthöfen ab einer relevanten Größe.
  • Wir schließen Rechts- und Vollzugslücken im Bereich des Tierschutzes (…) Wir überführen Teile des Tierschutzrechts in das Strafrecht und erhöhen das maximale Strafmaß. 

Neue Gesetze braucht das Land? Nur zum Teil…

Für die Abschaffung vieler Missstände – Schnäbelkürzen bei Puten, zum Beispiel, Anbindehaltung bei Kühen, Muttersauen im Kastenstand, das Schwanzkupieren von Ferkeln und und und – bedarf es gar keiner neuen Gesetze: Die konsequente Anwendung des geltenden Tierschutzgesetzes reicht da schon völlig. Ich hoffe sehr, dass dass die Absichtserklärungen aus dem Koalitionsvertrag tatsächlich gelebte Realität werden. Cem Özdemir, wenn er denn tatsächlich der nächste Bundeslandwirtschaftsminister werden sollte, hat sich mit diesem Politikfeld bislang gar nicht befasst. Aber es gibt bei den Grünen eine Reihe von Fachpolitiker:innen, denen es ernst ist, mit einer Agrarwende in Richtung mehr Nachhaltigkeit und Tierwohl – ihr Wort in Cems Ohr…

Ich habe in den letzten Jahren viele Filme darüber gemacht, wie bei uns Fleisch und Milch erzeugt werden, ohne Rücksicht auf ethische Selbstverständlichkeiten und im Gegensatz zum gesetzlich verankerten Tierschutz. Möglicherweise kommt mir hier künftig ein Thema abhanden – mich würde das sehr freuen!

Und Angst vor Arbeitslosigkeit muss ich dennoch nicht haben: Diese Woche bin ich schon wieder auf ein wirklich dreistes Greenwashing gestoßen… mehr dazu am Montag!