Vegane Ernährung ist der große Trend, gerade unter jüngeren Leuten. Ich erlebe das gerade selbst, auch eines meiner Kinder isst mittlerweile gar keine tierischen Produkte mehr. Ich habe hier schon mal darüber geschrieben, warum ich eine komplett vegane Landwirtschaft nicht für sinnvoll halte.Heute allerdings soll es um eine besonders absurde Folge unserer Landwirtschaft gehen – denn auch unsere Nutztiere leben vegan, allerdings unfreiwillig und nicht unbedingt artgemäß…

Morgen ist der Weltvegantag. Vegan als Begriff geht zurück auf den Engländer Donald Watson – der hatte 1944 die Vegan Society gegründet. Zum 50-jährigen Bestehen wurde ein Gedenktag dafür begründet. Als ich zum ersten mal auf den Begriff stieß, irgendwann Anfang der 90er Jahre, war vegane Ernährung eine etwas exzentrische Nischenerscheinung. Mittlerweile ordnen sich laut der Allensbacher Markt- und Werbeträger-Analyse 1,58 Millionen Menschen in Deutschland als Veganer:innen ein, 170000 mehr als im Vorjahr.

Zu den Veganer:innen in Deutschland gehört allerdings auch ein großer Teil des Viehbestands in deutschen konventionellen Ställen. Darauf bin ich eher zufällig gestoßen Bei einer Pressereise kamen wir auf dem Weg zum Zielort zufällig auf das Thema Vitamin B-Supplementierung. Die B-Vitamine gehören zum notwendigen Nährstoffspektrum für uns Menschen, aber auch etwa für Schweine, Rinder oder Hähner. Diese Vitamine sind ausschließlich in tierischen Lebensmitteln vorhanden, deshalb muss, wer sich komplett vegan ernährt, Vitamin B als Nahrungsergänzungsmittel nehmen.

Unfreiwillig vegan

Biologisch sind wir Allesfresser, das haben wir mit Schweinen und Hühnern gemeinsam. In „freier Wildbahn“ würden diese ihren Vitamin B-Bedarf ganz automatisch stillen, etwa weil ein Huhn neben Körnern auch immer mal einen Wurm verspeist. Der reine Pflanzenfresser Kuh löst die Vitamin B-Versorgung durch seinen Pansen – in diesem Teil des Verdauungstrakts können Kühe selbst Vitamin B erzeugen.

Bis zum BSE-Skandal in den 90er Jahren gehörte Tiermehl zu den Bestandteilen von Viehfutter; das führte teils zu der irren Situation, dass vegetarische Rinder plötzlich doch tierische Nahrung fressen mussten. Heute ist die Lage anders herum absurd: Weil Tiermehl zur BSE-Prävention als Futterquelle verboten ist, müssen die Schweine und Hühner in der Fleischwirtschaft Vitamin B ins Futter zugesetzt bekommen; andernfalls würde man den Tieren eine Mangelernährung zumuten.

Unsere Art der Fleischerzeugung auf dem Prüfstand

Mir ist bewusst, dass das vor dem Hintergrund der vielen Missstände in der Massentierhaltung ein kleines Problem ist. Aber es steht für mich symptomatisch dafür, dass unsere Art, Tiere zu halten, ganz grundsätzlich auf den Kopf gestellt gehört. Wir müssen damit aufhören, an kleinen Stellschrauben herumzudoktern. Es ist nicht zielführend, kleinteilig über Stallflächen oder mehr Tageslicht oder Spielzeug in der Schweinebucht zu debattieren. Wir müssten uns dem Thema vielmehr endlich von der anderen Seite her nähern: Wie würde ein Tier ohne unsere Eingriffe leben und wie schaffen wir es, diesem Zustand so nah wie möglich zu kommen? Nur so ist aus meiner Sicht ethisch vertretbare Fleischerzeugung denkbar.

Ich war im Laufe der letzten Jahre in vielen Betrieben, deren Produkte ich jederzeit mit gutem Gewissen essen würde. In dem Zusammenhang kann ich nur immer wieder die Biokalbinitiative Oberland erwähnen. Oder die Waldschweine von kaufnekuh.de . Bei mir wird es an Heilig Abend trotzdem erstmals kein Fleisch geben. Eine Herausforderung…