Heute gibts einen Fernsehtipp in eigener Sache: Mein Film über das Chaos bei Tierwohlsiegeln und Regionalkennzeichnungen wird im NDR wiederholt: heute Abend um 22 Uhr.
Nie in meinem Leben hab ich um ein Interview so lange gerungen, wie um das Gespräch mit der nun scheidenden Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner. Hier nochmal der Link zu meinem Blogartikel zum Film.
Ich bin ganz ehrlich: Über die Ablösung dieser Politikerin freue ich mich besonders. Selten in den vergangenen Jahren wurde dieses Amt von jemandem bekleidet, der so konsequent Politik im Sinne einer Industrielobby gemacht hat und so wenig dafür getan hat, dass es Tieren oder der Landwirtschaft besser geht, von transparenten Spielregeln und verstehbarer Lebensmittelkennzeichnung für uns Verbraucher:innen ganz zu schweigen.
Die böse EU
Immer wieder, auch im Interview mit mir, schob Klöckner dabei den schwarzen Peter anderen zu: der SPD, die ihr Tierwohlkennzeichen ausgebremst hat. Stimmt, hat sie. Weil es eine reine Mogelpackung war. Übrigens hat das auch der Bundesrechnungshof moniert: viel Geld für etwas Schaufensterpolitik, ohne sinnvollen Nutzen für mehr Tierwohl. Spannend daran: Dieser Bericht ist soweit ich das recherchieren konnte, bis heute nicht veröffentlicht. Klar, so eine Klatsche mag man nicht so gerne vorzeigen… Zu den Hintergründen dazu gibts diesen Link auf der Seite Frag den Staat.
Auch ein beliebter Adressat der Klöckner-Ausflüchte: die EU. Also jetzt mal im Ernst: Deutschland ist der größte Beitragszahler. Glauben wir wirklich, dass das Wort der Bundeslandwirtschaftsministerin dort kein Gewicht hat? Und wie kommt es, dass kleinere Länder – Italien etwa oder Frankreich – beispielsweise bei Regionalkennzeichnung sehr wohl eigene Vorschriften erlassen, im Sinne der Kundschaft? Ist der Verweis auf Brüssel, wo angeblich alles verhindert wird, vielleicht doch nur eine faule Ausrede?
Wie es weitergeht
Wer als nächstes das Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft leiten wird, steht noch in den Sternen. Für die SPD verhandeln zwei altgediente Länder-Agrarminister und die bisherige Tierschutzbeauftragte der SPD-Fraktion, für die Grünen die Ex-Ministerin Renate Künast und der Agrarpolitische Sprecher der Grünen im EU-Parlament Martin Häusling – das lässt mich hoffen, dass hier ernsthaft an mehr Tierwohl und Verbraucherschutz gearbeitet wird. Die FDP wird unter anderem durch die Landwirtin Carina Konrad vertreten – die lobt auf ihrer Homepage zumindest schon mal einen Demeterbetrieb als vorbildlich. Über ihren eigenen Hof hab ich im Netz nichts finden können – ich tippe eher auf einen konventioneller Betrieb.
Ich hoffe, dass die Ampel für einen echten Wandel sorgt. Dafür, dass es endlich klare staatliche Regeln im Einklang mit dem Tierschutzgesetz gibt. Darauf, dass ich nicht mehr Lebensmittelrecht studiert haben muss, um zu verstehen, wo mein Essen herkommt. Damit mein Film heute Abend möglichst bald total veraltet ist. Hoffen darf man ja…
Liebe Frau Schickling,
ihre Einschätzung von Frau Klöckner teile ich zutiefst. Diese extreme Lobby-Politik dient weder der Sache, noch den Bertoffenen, von einigen Abzockern abgesehen. Die Leistung von Frau Klöckner als Forstministerin ist übrigens genauso desaströs und wirft die Waldpolitik in der Klimakrise weit zurück.
Grüße
aus Garmisch-Partenkichen
Axel Doering
Ein Blogger-Kollege hat mir mittlerweile erzählt, dass die FDP-Verhandlungsführerin wohl von einem eher kleinen Hof im Hunsrück stammt – also zumindest schon mal nicht aus jener Agrarindustrie-Lobby, die die Landwirtschaftsausschüsse im EU-Parlament und im Bundestag auf Seiten der bürgerlichen Parteien schon so lange dominiert – da hilft kein noch so ambitionietes Lobbyregister, wenn die Lobby selbst im Parlament sitzt…
Ich bin gespannt, was die Ampel in Sachen Land- und Waldwirtschaft ausheckt!
Herzliche Grüße, Katarina Schickling
Es ist sicher schwierig über Jahre gepflegte Seilschaften aufzulösen, besonders wenn diese über viele Jahre Bestand hatten.
Jetzt werden die Karten sicher neu gemischt , es werden neue Kriterien festgelegt werden, die vielen nicht gefallen werden und die manchen eine harte Landung bescheren werden.
Das freiwillige Tierwohllabel ist wohl ein klassisches Beispiel von Volksverdummung. Freiwilligkeit? Das hat in der Politik noch nie Funktioniert.
Es werden spannende Zeiten kommen