Diese Frage sollen wir, gemäß dem Koalitionsvertrag der Ampel, bald besser beantworten können. Jetzt gibt es erste Informationen darüber, wie diese Kennzeichnung aussehen könnte.
Das Landwirtschaftsfachmagazin Agrarheute berichtet, dass sich das staatliche Tierwohllabel offenbar an der schon vorhandenen Eierkennzeichnung orientieren soll. Zunächst soll es für Schweine gelten, die anderen Tierarten sollen dann folgen.
„Stall“: Diese unterste Stufe der Haltungsform soll für Tierhaltung gelten, welche die Mindestanforderungen der EU-Richtlinie 2008/120/EG zum Schutz von Schweinen erfüllt. Sie entspricht der Haltungsstufe „3“ bei der Eierkennzeichnung.
„Außenklimakontakt“: Diese Stufe soll für Außenklimaställe oder Ställe mit Auslauf gelten. Es braucht zusätzlichen Platz für die Tiere, höhere Anforderungen an Liegeflächen und langfaseriges, organisches Beschäftigungsmaterial. Genaue Details zu den Anforderungen sind noch nicht bekannt.
„Auslauf bzw. Weide“: In dieser Stufe soll ein jederzeit zugänglicher, planbefestigter Auslauf vorhanden sein, der den Tieren auch Schutz vor widrigen Witterungen und Sonneneinstrahlung bietet. Anders als in der Stufe „Außenklimakontakt“ müssen die Schweine eine Mindestfläche an Auslauf im Freien haben. Im Stall braucht es ebenfalls mehr Platz für die Tiere sowie einen eingestreuten Liegebereich und langfaseriges, organisches Beschäftigungsmaterial. Auch für diese Haltungsform stehen konkrete Vorgaben – etwa zur Fläche pro Tier – noch nicht fest.
„Bio“: Diese höchste Haltungsform in Cem Özdemirs geplantem Label soll der Stufe „0“ bei der Eierkennzeichnung entsprechen. Die Vorgaben müssen mindestens die der EU-Ökoverordnung einhalten – inklusive der darin festgelegten höheren Platzanforderungen.
Aus meiner Sicht ist das gut und schlecht zugleich. Die Eierkennzeichnung war 2004 ein riesiger Schritt in Richtung Transparenz und ist bis heute mein Lieblingsbeispiel dafür, wie klare Kennzeichnung das Verhalten der Kundschaft beeinflusst: Praktisch über Nacht waren Käfigeier nicht mehr verkäuflich. Dass es diese Eier nach wie vor gibt, in verarbeiteten Produkten, die nicht gekennzeichnet werden müssen, ist ein weiteres gutes Beispiel dafür, wie unsere Kennzeichnungsregeln oft zu kurz springen.
Wieviel Tierwohl darf es sein?
Nun sind wir 18 Jahre weiter, und ich finde, der BMEL-Entwurf dürfte ruhig etwas mutiger sein. Schön, dass schon Stufe 2 eine wahrnehmbare Verbesserung der Haltungsbedingungen bieten soll, anders als die Mogelpackung der Initiative Tierwohl namens Stallhaltung plus. Schön auch, dass ein System fortgeführt wird, dass wir schon vom Einkaufen kennen. Aber schade, dass die EU-Bioregeln schon das Maximum sein sollen. Und richtiggehend ärgerlich finde ich, dass Transport und Schlachtung gar keine Rolle spielen sollen. Verbesserungen in diesen beiden Bereichen wolle das Bundeslandwirtschaftsministerium laut Agrarheute über weitere gesetzliche Regelungen erreichen.
Viele Tierschützer laufen jetzt schon Sturm gegen diese Pläne, und ich kann das nachvollziehen. Denn damit wird EU-Bio als eine Art Goldstandard zementiert. Wenn man es wirklich ernst meint damit, dass man sich einen ethisch vertretbaren Umgang mit Tieren wünscht und dass man seinen Fleischlieferant:innen ein würdiges Leben gönen will, dann ist EU-Bio nicht genug.
Ich habe in vielen Betrieben gedreht, die ihren Tieren mehr Freiraum gönnen, ein tiergerechteres Leben als den Bio-Mindeststandard. Natürlich ist das teurer. Aber ich finde, das sollte es uns wert sein. Und ich ärgere mich, dass ausgerechnet der Vegetarier Cem Özdemir hier auf die Chance verzichtet, Landwirt:innen zu belohnen, die diesen kostspieligen Weg gehen. Es wäre schön, wenn die Haltungskennzeichnung die Mögilchkeit böte, wirklich tiergerechte Haltung sichtbar zu machen. Wo, zum Beispiel, Schweine draußen herumtoben dürfen, wo Rinder nicht enthornt werden, wo Hühner auf Regenwurmsuche gehen können. Wo Tiere ein wirklich naturnahes Leben haben, bevor sie auf unseren tellern enden.
Der Pro-Kopf-Verzehr von Fleisch ist 2021 im Vergleich zum Vorjahr um 2,1 Kilogramm gesunken – und liegt damit auf einem neuen Rekordtief seit Berechnung des Verzehrs 1989. Das zeigen die vorläufigen Angaben des Bundesinformationszentrums Landwirtschaft (BZL). Gerade bei Schweinefleisch erzeugen wir in Deutschland deutlich mehr Fleisch, als wir verbrauchen. Weniger Tiere und dafür glücklichere wäre in vielerlei Hinsicht nachhaltiger.
Nun ist ein Entwurf ja noch kein Gesetz. Ich meine, da ist noch Luft nach oben. Und hoffe mal weiter…
Die Frage müsste eigentlich lauten:
Wieviel % des Schweines wurde entsorgt um mein Schnitzel zu produzieren?
Hier wäre meiner Meinung nach der Ansatz zu setzen.
Wenn die Verwertung produktiver würde, so wie es eigentlich früher üblich war, wären viele Probleme hinfällig.
Das ist leider völlig richtig.
Und dazu gehört übrigens auch der Schwund im Supermarkt: aufgeschnittene Wurst, marinierte Koteletts… und am Abend werden 20 Prozent der Frischware aus Hygienegründen entsorgt
Guten Morgen,
hier noch eine passende Meldung zu dem ganzen Thema.
https://www.br.de/nachrichten/bayern/kontrollversagen-schlachtabfaelle-auf-bayerischen-feldern,T2nfQ5s
Es werden alle umdenken müssen.
Schönen Tag noch
Im Grunde kommen wir immer wieder an den gleichen Punkt: Weniger ist mehr. Es ist die massenhafte Schweinefleischproduktion, die das Gleichgewicht der Natur stört, nicht das einzelne Kotelett auf dem Grill
Vor 5 Jahren in einem kleinen Ort selbst gesehen: ein Bio Demeter Betrieb, wo Kühe auf engem Raum auf einer Schlammkoppel standen. Und etwas weiter ein normaler, nicht BioHof, auf welchem Kühe auf einer saftigen Weide standen.
Habe dazu irgendwo gelesen, dass ein guter Nicht Biohof besser für die Tiere sei, als ein schlechter BioHof.
Kommt halt immer auf die Einstellung des Besitzers an.
Kann man aber als Konsument nur sehr schwer wissen.
Schwarze Schafe gibt es natürlich überall. Und es gibt selbstverständlich konventionelle Bauern, die ihren Tieren ein gutes Leben ermöglichen. Allerdings werden diese Wohltaten dort nicht finanziell belohnt.
Wer das Glück hat, sein Fleisch von einem Hof beziehen zu können, wo er oder sie das Glück hat, sich persönlich von den guten Bedingungen überzeugen zu können, sollte da immer zugreifen. Gerade in der Stadt ist das aber oft nicht möglich. Da sind Siegel – und eben auch Biosiegel – eine gute Kontrollinstanz.
In Biobetrieben finden extrem viel häufiger auch anlasslos Kontrollen statt. Das steigert die Chance, dass schwarze Schafe entdeckt werden, enorm