Sogar das Bundesverfassungsgericht findet, dass in Sachen Klimarettung nicht genug passiert. Da fühle ich mich sehr verstanden! Denn es wird uns beim Einkaufen unnötig schwergemacht, sinnvolle Konsumentscheidungen zu treffen.

Kürzlich war ich mit einem kleinen Stand auf dem Wochenmarkt am Mainzer Dom – zum Dreh einer Umfrage für meinen Film über Greenwashing, für SWR betrifft. Gemeinsam mit der Kundschaft dort wollte ich herausfinden, worauf die Menschen beim Einkaufen achten, wie wichtig ihnen Nachhaltigkeit bei Produktion und Verpackung ist und wie gut sie sich diesbezüglich informiert fühlen.

Umfragedrehs sind immer so eine Sache: Mit Voxpops lässt sich fast jede These belegen, wenn man nur lange genug fragt und so lange Leute anquatscht, bis man die „richtigen“ Antworten zusammen hat. Redaktionen lieben Umfragen („So schön nah am Zuschauer!“), Medienschaffende lieben sie genau wegen dieser gelegentlichen Beliebigkeit eher nicht so.

Was wir wirklich wollen

In diesem Fall aber war der Dreh für mich sehr aufschlussreich. Nach zwei Stunden hatten wir eine hundertprozentige Trefferquote für dieses Ergebnis:

  • Alle fanden es wichtig, wie ihre Shampooflaschen, Tomatendosen oder Einkaufstaschen in Sachen Ökobilanz dastehen.
  • Alle beklagten, dass das kaum herauszufinden ist.
  • Und alle, ausnahmslos, wünschten sich eine einfache, eindeutige Produktkennzeichnung, eine Art Ampel oder so, um beim Einkaufen schnell und gut informiert ihre Konsumentscheidungen treffen zu können.

Dieser zugegebenermaßen sehr unrepräsentative Eindruck wird gestützt durch eine aktuelle Umfrage der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch: Demnach fühlen sich weniger als 10 Prozent der Befragten gut informiert darüber, ob Produkte nachhaltig erzeugt wurden. Ebenso wenige können erkennen, ob es sich um tiergerecht erzeugte Lebensmittel handelt. Weniger als 5 Prozent haben eine Ahnung, ob Landwirte einen fairen Preis für ihre Produkte erhalten oder ob die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten zumutbar sind. Und es herrscht große Einigkeit, wer dafür verantwortlich wäre, diese Informationslücken zu beheben und für bessere Bedingungen zu sorgen: Der Gesetzgeber.

Zeit für einen Wandel

Die aktuell regierende große Koalition hat in vier Jahren das lange angekündigte Tierwohllabel nicht auf den Weg gebracht, nicht mal ein freiwilliges, von einer Verpflichtung zu Mindeststandards gemäß dem Tierschutzgesetz gar nicht zu reden. Ob es der Gesetzentwurf zum Lieferkettengesetz noch vor der letzten Tagungswoche durch Bundestag und Bundesrat schaffen wird, steht in den Sternen. Eine verpflichtende CO2-Bilanz-Kennzeichnung oder auch nur eine CO2-Bepreisung war in der laufenden Legislaturperiode nicht einmal angedacht.

Ich wünsche mir, dass sich das nach der nächsten Bundestagswahl ändert. Wie sagte die grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock in ihrer Bewerbungsrede so schön: „Die Gesellschaft ist viel weiter, als die Politik“. Wäre doch toll, wenn die nächste Bundesregierung es für ihre Aufgabe halten würde, mit uns und unseren Vorstellungen einer zukunftsfähigen Konsumwelt Schritt zu halten.