Wer mir auf Instagram folgt, weiß, dass gutes Essen eine meiner großen Leidenschaften ist. Ab heute werde ich hier in unregelmäßiger Folge etwas über ausgewählte Lieferanten von Spitzenköchen erzählen

Letzte Woche ging es hier um das Thema Obst und Gemüse und um die Ökobilanz-Vorteile vom regionalen und saisonalen Einkaufen. Ein Punkt dabei hat nichts mit dem Klima zu tun, aber dafür umso mehr mit Genuss: Regionale und saisonale Erzeugnisse sind schlicht besser, weil ihre Wege vom Feld zum Herd kürzer sind, denn Frische ist ein entscheidender Faktor für Geschmack.

Spitzenköche kaufen Spitzenqualität

Wer wüsste das besser, als Künstler am Herd, deren ganzes Berufsleben sich nur um eines dreht: perfekte Geschmackserlebnisse. Die Grundlage dafür sind perfekte Zutaten. Und die kommen bei vielen Gourmet-Köchen aus der unmittelbaren Umgebung und werden besonders nachhaltig erzeugt, tiergerecht, ressourcenschonend, im Einklang mit der Natur.

Heute geht es um Tohru Nakamura und seinen Salon Rouge. Im Juli hatte ich das große Vergnügen, einen Abend in seinem Pop-Up-Restaurant im Münchner Werksviertel zu verbringen. Selten in meinem Leben habe ich besser gegessen. Und dieser Genuß hatte viel zu tun mit den Ingredienzien und ihren Lieferanten.

Wie ein Fisch im Wasser

Seeforelle mit Karotte, Süßdolde, Brunnenkresse und Shirotamari

Fisch ist eine besonders schwierige Zutat. Überfischung – wozu bei Raubfischen auch das Futter beiträgt – , Antibiotika belastung, erbarmungswürdige Tierschutzmängel in Aquakulturen… Greenpeace predigt seit Jahren, dass eigentlich nur Karpfen aus Biozucht tolerierbar ist. Es gibt allerdings eine Betrieb in Penzing, unweit von Landshut, der ganz wunderbar arbeitet und diverse Forellenarten, Saibling, Huchen, Stör und natürlich auch Karpfen erzeugt. In einigen Münchner Spitzenlokalen kommen die Fische der Fischzucht Birnbaum auf den Tisch, so auch bei Tohru:

„Der Fisch von der Fischzucht Birnbaum wird komplett ohne Einsatz von Antibiotika gezüchtet. Hinzu kommt eine einmalige Wasserqualittät. Die Fischzucht hat eine Grundwasserquelle vor Ort aus der sehr kaltes frisches Wasser kommt. Das führt dazu dass die Fische sehr langsam wachsen. Auch dadurch dass hier wirklich persönlich jeden Tag „Hand“ angelegt wird und Herr Birnbaum alle Teiche kontrolliert, ist der Einsatz von Antibiotika völlig unnötig.“

Wenn ich das nächste Mal in der Landsberger Gegend unterwegs bin, werde ich dort auf jeden Fall einen Stopp einlegen – das Forellentartar aus dem Kochbuch Simple von Yoram Ottolenghi war mein absolutes Corona-Frust-Soulfood und schmeckt mit einem Birnbaum-Fisch bestimmt noch besser!

Das beste Gemüse

Münchner Umland – Kohlrabi, Fenchel, Yuzu-Miso und Sojamilch

Tohrus Gemüselieferanten kannte ich schon aus der Presse: In der Süddeutschen Zeitung stand im März letzten Jahres ein Artikel darüber, wie dramatisch die Situation für Gastronomie-Lieferanten durch die Corona-Pause war – davon waren übrigens auch die Birnbaums betroffen. Die Gärtnerei von Johannes Schwarz im Münchner Stadtteil Johanniskirchen hat sich damals mit Onlineverkauf und improvisiertem Hofladen durchgeschlagen, und ist nebenbei gesagt eine geniale Quelle für Tomatensamen, aus denen ganz besondere Tomaten entstehen.

Tohru schwört auf das Gemüse vom Hof:
„Vor allem ist toll, dass er sehr auf uns eingeht und auch japanische Kräuter und Gemüse anbaut.“
Besonders spezialisiert ist der Hof, wie gesagt, auf alte Tomatensorten. Und die unterscheiden sich laut Tohru deutlich von dem, was wir im Gemüseladen oder auf dem Großmarkt finden:
„Der große Unterschied besteht darin, dass es sich größtenteils um alte Sorten handelt, die keine EU-Sorten Zulassung haben und teilweise vor 200 Jahren gezüchtet wurden, mit dem höchsten Züchtungsziel Geschmack. Heutzutage ist das höchste Züchtungsziel Transportfähigkeit, Lagerfähigkeit und Homogenität. Oft ist auch der Ertrag gering, der Geschmack jedoch mit den jetzigen Sorten nicht zu vergleichen.Diese alten Sorten dürfen nicht in den offiziellen Handel, also Großmarkt, Einzelhandel etc. wegen der fehlenden EU Zulassung, sondern dürfen nur (als Schlupfloch) direkt vermarktet werden.“
Die EU-Problematik kennen fleißige Leser meines Blogs schon von den griechischen Orangen, die nicht hübsch genug sind für die Vermarktung als Speiseorangen. Wie nervig, wenn bürokratische Regeln uns im Weg stehen, bei der Suche nach gutem Geschmack. Und wie schön, wenn tolle Erzeuger Wege finden, uns trotzdem zu perfektem Genuss zu verhelfen!

Spargel, plastikfrei

An meinem Abend im Salon Rouge gab es logischerweise keinen Spargel mehr, die Saison für heimischen Spargel war schon vorbei, und bei kaum einem Gemüse ist der Zusammenhang zwischen Transportweg und Geschmack noch offensichtlicher, als bei den edlen Stangen. Trotzdem möchte ich gerne zuletzt noch Tohrus Spargellieferanten erwähnen – denn der macht etwas, was inzwischen leider die große Ausnahme ist: Spargel an der frischen Luft anbauen. Laut einer Studie im Auftrag des Naturschutzbundes werden in der Landwirtschaft im Jahr über 13000 Tonnen Plastikmüll freigesetzt. Da freue ich mich über jeden Bauern, der so arbeitet, wie es ursprünglich mal ganz normal war. Das hat auch Folgen für die Qualität:
„Spargel, der nicht unter Folie gewachsen ist, bekommt Sonne, Regen, Licht und frische Luft. Er wächst bedeutend langsamer und kann dadurch sein nussiges Aroma entwickeln. Geschmack braucht Zeit! Folienfreier Spargel ist auch anders von der Konsistenz her, das heißt, er ist milder, zarter, butterweich.“
Ich finde, der Versuch, einzukaufen wie die Gourmet-Profis, lohnt sich – essen ist etwas viel zu Schönes, als dass man sich das durch minderwertige Zutaten vermiesen lassen sollte! Mein nächster Blick in die Speisekammer eines Spitzenkochs findet Ende Oktober in Italien statt: Für das Restauraht Zass erntet Küchenchef Alois Vanlangenaeker seine Zutaten im hauseigenen Gemüsegarten an den Hängen der Amalfiküste. Ich freue mich schon sehr darauf!