Neulich bin ich an meine Grenzen gestoßen… In meinem Viertel in München gibt es auch in den Supermärkten und Discountern ein breites Sortiment an Bio-Ware. Ich hatte geglaubt, das sei zumindest in größeren Städten inzwischen Standard. Bis ich im Stuttgarter Westen, wo meine Eltern wohnen, zum einkaufen unterwegs war. Ähnliches Umfeld wie bei mir daheim, ähnliche Bausubstanz, ähnliche Bewohnerstruktur – und ein ganz anderes Angebot 🙁

Alle, die sich jetzt bereit machen, ihre liebsten Schwabenwitze hervorzuholen: bitte stecken lassen! Ich war ernsthaft erschüttert: Bio-Fleisch und Wurst gab es nur in homöopathischen Mengen abgepackt, in der Frischetheke gar nicht. Und die abends immer leergefegten Regale lassen mich vermuten, dass es die Kundschaft schon gäbe, nur das Angebot eben nicht. Keine Ahnung warum.

Genervt und frustriert bin ich dann auf eine echte Oase gestoßen, und zudem ein so kluges Konzept, dass ich davon hier erzählen möchte: auf den Bio-Mitgliederladen Plattsalat.

Das Konzept Mitgliederladen

Mitgliederläden funktionieren ähnlich wie die solidarischen Landwirtschaften, über die ich in meinen Büchern schon öfter berichtet habe: Man bezahlt eine Einlage, im Fall von Plattsalat sind das 70 Euro, die man beim Austritt wieder zurückbekommt. Außerdem gibt es dann einen monatlichen Mitgliedsbeitrag. Plattsalat nimmt von einer Familie mit zwei Kindern, zum Beispiel, 52 Euro im Monat. Für Menschen mit nachweislich geringem Einkommen gibt es einen reduzierten Satz von 18 Euro für die vierköpfige Familie.

Dafür kauft man dann quasi zum Selbstkostenpreis ein. Meine Kolleg:innen von Puls haben vor einger Zeit mal analysiert, wie groß die Ersparnis im Münchner Mitgliederladen Ökoesel ist, im Vergleich zum Supermarkt ist und kamen auf durchschnittlich 20 Prozent. Das deckt sich mit meiner Einkaufserfahrung – wäre ich als Mitglied bei Plattsalat einkaufen gewesen, hätte mein Einkauf immerhin 15 Prozent weniger gekostet. Das lohnt sich ziemlich schnell!

Besonders gut gefällt mir hier aber vor allem der Gedanke, die bestehenden Strukturen der großen Vier mit ihrer unguten Rolle bei der Preisgestaltung von Lebensmitteln zu umschiffen, gerade im Moment, wo Industrie und Handel teilweise auf wirklich dreiste Weise die Inflation nutzen, um auch dort mehr zu kassieren, wo die Kosten gar nicht gestiegen sind – ich hatte im November darüber geschrieben. Über das frech überteuerte Sonnenblumenöl von Thomy ärgere ich mich immer noch – inzwischen kostet es übrigens, zumindest bei Edeka, noch mehr…

Im Mitgliederladen können die Mitglieder mitbestimmen. Sie zeigen sich solidarisch mit sozial Schwächeren, sie haben Einfluss auf das Warenangebot – mündige Verbraucher:innen at its best!

Alternativ einkaufen

Es gibt keine zentrale Seite im Netz oder eine Dachorganisation der – leider viel zu wenigen – Mitgliederläden. Aber beim googeln findet man in ganz Deutschland ähnliche Projekte.

Aber auch abgesehen davon hat nicht jeder das Glück, den freundlichen Biobauern um die Ecke zu haben, oder den total vertrauenswürdigen Metzger. Deshalb liste ich am Ende meines neuen Buches Mein Lebensmittelkompass auf gleich 10 Seiten im Anhang eine Reihe von Einkaufsquellen auf, die das Prinzip der nachhaltigen Lebensmittelversorgung meinen Recherchen nach gut umsetzen. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit, und nicht jede Anlaufstelle ist bundesweit sinnvoll – aber alle haben sie gemeinsam, dass sie sich um einen schonenden Umgang mit Ressourcen bemühen. Und meistens kauft man dort sogar günstiger ein, als im Supermarkt oder Discounter.